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Auswirkungen des neuen Zuwanderungsgesetzes

von Christiane Malert

Über die Auswirkungen des neuen Zuwanderungsgesetzes berichte der SPD Bundestagsabgeordnete Eckhardt Barthel am 3. November in den Räumen der Türkischen Sozialdemokraten.

Barthel, der maßgeblich den Entwurf mitgestaltet hat, stellte nun das verabschiedete Gesetz vor und machte gleichzeitig deutlich, welche Punkte nicht – und warum nicht – realisiert werden konnten.

4 Säulen des Zuwanderungsgesetzes:

  1. Es gibt nur noch zwei Aufenthaltstitel: die befristete «Aufenthaltserlaubnis» und nach fünf Jahren die "Niederlassungserlaubnis". Diese Regelungen beschreiben die erste von vier Säulen des Zuwanderungsgesetzes.
  2. Der Bereich Integration beschreibt die zweite Säule - und wie Barthel meint, nun die wichtigste Säule: Es geht hier um die verbindlich vorgeschriebene Teilnahme an Integrationskursen, die über die reine Sprachvermittlung hinausgehen. Barthel meint, es wäre besser, Teilnahmeanreize zu schaffen als Sanktionen zu verhängen, wenn die Angebote nicht wahrgenommen werden, doch nannte er auch die Sanktionsmöglichkeiten: Wenn ein/e Verweigerer/in, auch Familiennachzugsberechtigte, die Teilnahme am Integrationskurs nicht wahrnehme, so werde ihm bzw. ihr, falls Transferleistungen wie Sozialhilfe bezogen werden, Leistungen gekürzt ebenso wird die Aufenthaltsverfestigung aufs Spiel gesetzt. Eine Niederlassungserlaubnis könne auch dann, auch wenn keine Transferleistungen bezogen werden, verweigert werden. Nach Meinung der Autorin sind die Ehemänner nun in der Pflicht, ihre Frauen zu den Integrationskursen zu schicken. Barthel berichtete auch von Fällen, in denen Ehemänner ihre Ehefrauen davon abhielten, sich allein außerhalb der Wohnung aufzuhalten, also auch Sprachkurse nicht wahrnehmen zu können. Er nannte zwar keine Nationalität, doch reagierten einige im Raum nonverbal. Die Botschaft war wohl angekommen.
  3. Der humanitäre Bereich bildet die dritte Säule. Es geht hier um nicht-staatliche Verfolgung und die geschlechtsspezifische Verfolgung. Die geschlechtsspezifische Verfolgung umschrieb Barthel mit der Androhung der weiblichen Genitalverstümmelung. Die nicht-staatliche Verfolgung wurde nicht weiter ausgeführt, doch ist wahrscheinlich davon auszugehen, wenn ethnische Minder- oder Mehrheiten sich gegenseitig bedrohen und von Völkermord gesprochen werden kann. In diesen Fällen konnte schon bislang das so genannte kleine Asyl ausgesprochen werden, jedoch um den Preis, dass diese Flüchtlinge nicht arbeiten durften. Nun soll diese Personengruppe den anerkannten Asylbewerber/innen – also denjenigen, die als staatlich verfolgt anerkannt sind – gleichgestellt werden. Nach Meinung der Autorin ist dies ein wichtiger Punkt.
    Die Autorin leitet aus dem Vortrag folgendes ab: Ungeklärt ist nach wie vor das Schicksal der Flüchtlinge aus Palästina. In Berlin leben 26.000 Flüchtlinge, mehrheitlich staatenlos, für die auch das neue Zuwanderungsgesetz nicht greift. Ebenso ungeklärt ist die Situation schwuler und lesbischer Flüchtlinge. Im Fall Türkei scheint eine staatliche Verfolgung von Lesben und Schwulen nicht zu bestehen, doch ist in konservativ geprägten Gebieten der Türkei eine nicht-staatliche Verfolgung denkbar. Aber wie sieht das Schicksal eines Schwulen in Syrien oder anderen muslimischen Staaten aus? Wäre hier nicht die Annahme einer geschlechtsspezifischen in der Ausprägung einer sexuell orientierten Verfolgung und somit Anerkennung des Flüchtlings aus humanitären Gründen denkbar?
  4. Die vierte Säule, den Sicherheitsbereich, der auf Wunsch der CDU/CSU hinzugefügt wurde, sprach Barthel nicht weiter an.

Abschließend gab es noch etwas Grundsätzliches zur zweiten Säule, dem Integrationsbereich. So genannte «Bestandsausländer», so wie sie im Beamtendeutsch heißen, könnten, falls Plätze in den Integrationskursen frei sind, diese Plätze einnehmen und so noch an den Integrationskursen profitieren. Die Teilnahme könne auf freiwilliger Basis geschehen, ebenso denkbar ist jedoch auch eine Zuweisung, wenn erhebliche Defizite im täglichen Leben zurechtzukommen, festgestellt werden. Eine Kostenbeteiligung der Teilnehmer/innen sei, wenn dieses aufgrund des Familieneinkommens möglich ist, ebenso möglich.

Barthel brachte zum Ausdruck, ihm und seinen Kolleg/innen inner- und außerhalb der SPD sei es lieber, das Gesetz so, wenn auch mit Abstrichen, durchgebracht zu haben, als gar nicht.

 


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